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Filmkritik
Neun Jahre sind vergangen, seitdem die 11-jährige Riley wegen eines Umzugs nach San Francisco in eine existenzielle Krise geraten war. Der Animationsfilm „Alles steht Kopf“ (2015) widmete sich den emotionalen Herausforderungen der Protagonistin durch einen übernatürlichen Kniff. Immer wieder wechselt der Film in Rileys Gehirn, wo sich eine Schaltzentrale befindet, in der die vermenschlichten Grundempfindungen Freude, Kummer, Wut, Ekel und Angst um die Vorherrschaft kämpfen. Der Film endet mit der Erkenntnis, dass auch weniger erfreuliche Gefühle ihren Zweck erfüllen und alles eine Frage ausgeglichener Teamarbeit ist.
Ein Pickel am Kinn
In der Welt von „Alles steht Kopf 2“ sind nun lediglich zwei Jahre vergangen, die Riley aber maßgeblich verändert haben. Nun hat sie nicht nur eine Zahnspange und zwei beste Freundinnen, sondern startet in ihrem Lieblingssport Hockey auch ordentlich durch. Für die gravierendste Veränderung braucht es jedoch nur eine Nacht. Am nächsten Morgen hat Riley nicht nur einen Pickel am Kinn, sondern sie ist plötzlich auch emotional enorm wechselhaft.
In ihrem Inneren ist währenddessen längst der Ausnahmezustand ausgebrochen. Während ein bisher ungenutzter roter Alarmknopf mit der Aufschrift „Pubertät“ leuchtet, knallt auch schon eine Abrissbirne in die Schaltzentrale. Die maßgeblichste Veränderung für die Truppe unter Führung der lebenslustigen Freude sind jedoch vier neue Emotionen, die zunehmend die Kontrolle an sich reißen: Zweifel, Neid, Peinlich und Ennui (französisch für Langeweile).
Mit seinen exzentrischen Neuzugängen bringt der Film zunächst frischen Wind und auch reichlich Spaß in die Geschichte. Die Charaktereigenschaften drücken sich dabei auch treffend durch das Charakterdesign aus. Peinlich ist etwa ein gigantischer Klops, der sich vor Scham regelmäßig in seinem Pulli versteckt. Die blasierte Ennui ist eine genervte Bohnenstange mit Rockstar-Pony und die hyperaktive Zweifel, die zur Anführerin des neuen Teams wird, ein Nervenbündel mit weit geweiteten Pupillen und zerzauster Frisur.
Sich ändern und zugleich treu bleiben
Auch in Rileys Alltag macht sich eine entscheidende Änderung bemerkbar: Ein Hockey-Camp, in dem sie und ihre beiden Freundinnen als Nachwuchstalente vorspielen sollen, stellt die Freundschaft auf eine harte Probe und Riley vor die Herausforderung, dass sie langsam jemand anderes wird, sich dabei aber trotzdem treu bleiben muss.
Wie im Vorgängerfilm dreht sich auch die von Kelsey Mann inszenierte Fortsetzung um die Abhängigkeit zwischen äußeren und inneren Spektakeln. Rileys Identitätssuche in der realen Welt spiegelt sich in wild wuchernden psychologischen Landschaften und einem actionreichen Szenario wider. Im Kern erzählt „Alles steht Kopf 2“ von einer ähnlich abenteuerlichen Reise wie der erste Teil: Während Riley sich selbst finden muss, versuchen auch die von der Konkurrenz ausquartierten alten Gefühle, ihren Weg durchs verwinkelte Unterbewusstsein des Mädchens zurück zur Schaltzentrale zu finden.
Am dichtesten wirkt „Alles steht Kopf 2“, wenn innere und äußere Welt direkt aufeinander reagieren. Kaum ist Riley im Sportcamp angekommen, versucht sie, die ältere Val zu beeindrucken. Ihre vergeblichen Versuche, cool zu wirken und das zu sagen, was ihr Gegenüber hören will, werden dabei rasant mit den aufgeheizten Meinungsverschiedenheiten im Kontrollraum gegengeschnitten.
Riley ist komplexer geworden
Inhaltlich wandelt der Film auf ähnlichen Pfaden wie der Vorgänger und setzt auf das bewährte Rezept aus Sentimentalität, Spektakel und doppelbödigem Humor. Der kommt recht gelungen zum Einsatz, als die ausgelagerten Gefühle in einem Hochsicherheitsgefängnis für Verdrängtes aus der Vergangenheit landen. Dort treffen sie unter anderem auf einen pixelig zweidimensionalen Hund aus einer früheren Kinder-Serie sowie einen pathetisch rezitierenden, wegen seiner überholten Grafik nur bedingt bewegungsfähigen Krieger aus einem uralten Computerspiel.
Die Fortsetzung profitiert nicht zuletzt davon, dass die Protagonistin älter geworden ist. Ihr emotionaler Zwiespalt wirkt jetzt dringlicher und komplexer, wodurch sich der manchmal etwas zu konzeptuelle Ansatz wirkungsvoller in dramatischen Szenen auflöst.