- RegieAlê Abreu
- ProduktionsländerBrasilien
- Produktionsjahr2024
- Dauer80 Minuten
- GenreZeichentrick
- Cast
- AltersfreigabeFSK 6
- IMDb Rating6.6/10 (194) Stimmen
Vorstellungen
Filmkritik
In deutschen Märchen ist der Wald meist ein dunkler, geheimnisvoller Ort. Doch in „Das Geheimnis der Perlimps“ des brasilianischen Filmemachers Alê Abreu leuchtet der Wald wie ein Meer aus tausend Farben. Es gibt keine klar abgegrenzten Flächen, sondern lauter Farbkleckse und Pinselstriche, die zum Rand hin ausfransen und Strukturen bilden. Eine Welt zum Greifen und zum Spüren.
Inmitten dieses Farbenwaldes treffen sich der kleine Wolf Claé aus dem Königreich der Sonne und die Bärin Bruô aus dem Königreich des Mondes. Beide sind als Spezialagenten unterwegs, um die sagenumwobenen Perlimps zu finden. Allerdings sind sie sich spinnefeind. Claé und Bruô trauen sich nicht über den Weg. Sie geben sich stark und sind äußerst misstrauisch.
Einig sind sie sich nur in ihrem Ziel und in ihrer Furcht vor den Riesen. Diese haben Zerstörung über die Welt gebracht und sind mitverantwortlich dafür, dass die Perlimps in Vergessenheit geraten sind, jene Wesen, die für Freude, Neugier und Lebenslust standen. Nun haben die Riesen den Wald umzingelt. Immerzu tauchen in der Ferne Scheinwerfer der anthropomorphen Maschinen auf, die sich durch den Wald fressen. Besonders Claé fürchtet das Licht. Als der junge Wolf eine Art Radio entdeckt, aus dem eine musikalische Botschaft der Perlimps zu hören ist, kann Bruô diese dank seiner Gedankenkraft übersetzen. Spätestens jetzt wissen die beiden, dass sie ihre Mission nur gemeinsam erfüllen können.
Eine schmerzhafte Leerstelle
Es ist eine faszinierende Welt, die Abreu für den Film entworfen hat. Erst führt der Weg die Protagonisten zu einer alten Ruine, dann über die Wolken und schließlich zur Skulptur eines Menschenschädels, die auf dem Boden liegt. Während Abreu in „Der Junge und die Welt“ Gemälde von Paul Klee und Miró heranzog, finden nun die Cut-outs von Henri Matisse ihren Widerhall in „Perlimps“ und schlagen die Brücke zu Einflüssen der bildenden Kunst. Pure Schönheit wechselt mit einer unheimlichen Stimmung, wobei allerdings viel zu lange ungeklärt bleibt, um was es sich bei den Perlimps eigentlich handelt, die ja die Rettung sein sollen.
Man lässt sich gerne von den Farben und den atmosphärischen Klängen umarmen, die nahtlos in Musik übergehen; Progressive-Bands wie „Yes“ oder „Rush“ sollen eine wichtige Inspirationsquelle für Abreu gewesen sein. Seine Arbeitsweise wirkt insgesamt eher intuitiv als minutiös geplant; er lässt sich von den Bildern und Bewegungen treiben und leiten. Das führt hier dazu, dass die Perlimps lange nicht greifbar sind. Die Protagonisten suchen, doch wonach, bleibt ein Rätsel. Sie streiten sich, immer und immer wieder, doch die Handlung tritt auf der Stelle. Sie reden über Riesen, die nicht sichtbar werden. Erst zum Ende hin erfolgt die Einordnung. Die Masken fallen, die Farben verschieben sich, die Welt erscheint – ganz wortwörtlich – in einem anderen Licht, und mit ihr die Geschichte des Films.
Aus der Perspektive der Kinder
„Das Geheimnis der Perlimps“ hat eine Menge zu erzählen. Der Animationsfilm ist ganz ähnlich wie „Der Junge und die Welt“ eine Reflexion über Kriege und Umweltzerstörung, Politik und Gesellschaft. Ein Staudamm für eine „große Welle“ wird gebaut, um die Energie für den Krieg gegen jene zu gewinnen, die hinter einer großen Mauer leben. Abreu bündelt in der fiktiven Welt seine Geschichte über Hass und Gleichgültigkeit, Gier und Macht wie unter einem Brennglas. Überladen oder gar bevormundend ist der Film dennoch nicht, weil all dies über die kindliche Erlebniswelt vermittelt wird. „Perlimps“ zeigt die Welt so bunt und magisch, wie Claé und Bruô sie wahrnehmen und nimmt das Spiel und die Perspektive von Kindern ernst. Erwachsene tauchen nur am Rande auf. Das ist auch gut so, denn die betrachtet der Film noch skeptischer, weil sie ihren inneren Kompass und den Funken, der die Welt zum Leuchten bringen kann, schon lange verloren haben.