Vorstellungen
Filmkritik
„Mein Meisterwerk!“ Der Biber ist, man kann es nicht anders sagen, nicht nur von sich selbst enorm überzeugt, sondern auch von seiner Arbeit. Also holt er zur Vorstellung seines großartigen, mächtigen, einzigartigen Staudamms das große Besteck raus: Mikrofon, Lautsprecher, im Hintergrund werden Flaggen hochgezogen.
Nur dass ihm eben außer den Ratten, die er sich als Handlanger hält, niemand zuhört. Und selbst diese zwei machen sarkastische Kommentare. Am Stausee sind sie vor allem interessiert, weil sie mit ihrem kleinen Boot dort nun als „Pi-Ratten“ unterwegs sein können.
Übersteigertes Selbstbild, keine Freund:innen, eher narzisstische Persönlichkeitsstruktur, und dann trägt der Typ in seinem palastartigen Biberbau – mit Wasserrutsche, Eiscreme-Bar und Billardtisch – auch noch einen riesigen Cowboyhut. Man muss „Fuchs und Hase retten den Wald“ als Erwachsener schon mit großen Scheuklappen anschauen, um hier nicht einen insbesondere in den USA sehr sichtbaren Typus von Selbstdarsteller gespiegelt zu sehen. Regisseurin Mascha Halberstad hat ihn selbst in einem Interview als „Trump kind of person“ bezeichnet, jemand, der sich für sich selbst sehr, für andere und die Natur hingegen wenig interessiert.
Tierleben aus dem Gleichgewicht
Das aufgestaute Wasser läuft aber auch in den benachbarten Wald hinein – und bringt so das Leben einiger Tiere aus dem Gleichgewicht, die hier die eigentlichen Hauptfiguren sind: Fuchs und Hase aus dem Titel, außerdem unter anderem ihre Freunde Euli die Eule, das selbstbewusste Wildschwein Haui, der Waschbär Jack und Pingwing der Pinguin.
Alle diese Figuren hatte Halberstad schon gemeinsam mit Tom van Gestel in der niederländischen TV-Serie „Fuchs und Hase“ zum Leben erweckt; dass der Film (dessen Handlung konkret auf dem Buch „Vos en haas en de bosbaas“ von Sylvia Vanden Heede basiert) sich an diese Serie anschließt, wird unter anderem daran spürbar, dass im Film zahlreiche Figuren auftauchen, ohne dass sie wirklich etwas zu tun hätten.
Schön anzusehen ist das allemal. Halberstad hatte zuletzt mit ihrem weitgehend traditionell erstellten Stop-Motion-Animationsfilm „Oink“ für große Begeisterung gesorgt. In „Fuchs und Hase retten den Wald“ nutzt sie Computer-Animationen, hat die Figuren aber vorher als Knetmodelle erstellt und dann eingescannt. Die Bilder wirken dadurch handgemacht, die CGI-Motive sind dann tatsächlich so gestaltet, dass sich ein weitgehend harmonisches Ganzes bildet.
Die Charaktere hingegen sind nicht so vielschichtig, wie man es von der Regisseurin nach „Oink“ erwartet hätte. Auch das ist teilweise womöglich der Fernsehserie geschuldet, die den einzelnen Figuren bestimmte Eigenschaften bereits zugewiesen hat. Euli ist enorm ängstlich (vor allem vor Wasser, was im Film gewisse Probleme bereitet), Haui muss immer alles am besten von allen können und Hase ist so verantwortungsvoll und bedacht wie Fuchs impulsiv und übermütig.
Nur der Biber wandelt sich
Für kurze Fernseh-Episoden, die sich primär an Vorschüler:innen richten, sind solch holzschnittartig überspitzten Charaktere perfekt geeignet. Über die 70 Minuten dieses Films bleibt ihr Zusammenspiel zwar noch brauchbar komisch, verliert aber doch etwas an Charme. Die einzige Figur, die sich wirklich wandelt – so viel sei hier verraten, es ist keine echte Überraschung – ist am Ende der Biber. Aber dessen Wandlung kommt, und das ist schade, ein wenig abrupt und ohne überzeugende Entwicklung.
Nachdem Biber zunächst Euli unfreiwillig und dann Fuchs freiwillig in seinem Unterwasserpalast einquartiert hat, will er sie von der Großartigkeit seiner Ideen und Erfindungen überzeugen. Die anderen Tiere glauben da aber schon, dass sie ihren Wald nur noch vor der Überschwemmung retten können, wenn sie den Damm zerstören. Die Kraft von Freundschaft gegen Eigensinn und Größenwahn: Das kann natürlich nur ein gutes Ende finden.
Was fehlt, ist eine wirklich mitreißende Geschichte, ein wenig Begeisterung oder die vielfältige Doppelbödigkeit, wie man sie aus „Oink“ kennt. Da ist die Animation wie das Drehbuch: Oberflächlich hübsch anzusehen und für die kurze Laufzeit unterhaltsam, aber allem (außer dem Stausee) fehlt es an Tiefe.