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Filmkritik
Nicht selten treiben gerade in Weihnachtsgeschichten böse Geister besonders schlimm ihr Unwesen. Was aus Volkserzählungen zur Genüge bekannt ist, macht Joe Dante sich hier hinterlistig zunutze und treibt es auf die Spitze. Er stimmt den Zuschauer zunächst auf treuherzig-idyllisches Familienkino ein, zieht alle Register naiver Weihnachtspoesie und läßt sie dann um so mehr in gallig-komisches Alptraumkino umkippen - schrill, zynisch, ungemütlich.
Ein junger Mann bekommt zu Weihnachten ein putziges kleines Fabelwesen geschenkt. Aber das Wunderbare hat auch eine Kehrseite. Bei Berührung mit Wasser vermehren sich die netten "Gremlins" nämlich unkontrolliert und wenn man sie nach Mitternacht füttert, werden sie gar zu häßlichen, bösen Monstern. Genau das aber passiert durch menschliche Unachtsamkeit. Und als einer der bösen Gnomen in einen Swimmingpool fällt, wird die winterliche Kleinstadt alsbald von einem Heer bösartiger Gremlins heimgesucht. Die Späße, die sie treiben, sind sadistisch und enden meist tödlich. Der junge Held tritt den Kampf gegen die außer Kontrolle geratene Weihnachts-Zauberwelt an. Es gelingt ihm schließlich, fast alle schlimmen Kobolde - sie sitzen gerade im Kino und sehen sinnigerweise Disney`s "Schneewittchen" - zu vernichten. Aber ein böser Gnom entgeht dem Anschlag und es kommt zu einer Verfolgungsjagd mit wüstem Showdown im Kaufhaus, den der junge Held aber mit Hilfe seiner Freundin und eines guten Gremiin siegreich besteht.
Das überzuckerte Happy-End kann man angesichts der schrecklichen Geschehnisse davor nurmehr als parodistisch begreifen. Und Genre-Parodie ist denn auch eine der zentralen Absichten des Films. Er nimmt die superadretten Heile-Welt-Muster amerikanischer Familienunterhaltung ebenso spöttisch aufs Korn wie die Schock- und Ekel-Effekte des modernen Horrorfilms. Aber es hieße dem Film Unrecht tun, wollte man ihn allein auf diesen Aspekt festlegen. Auf einer anderen, nicht minder komischen und sinistren Ebene ist diese Geschichte eine durchaus einleuchtende, aufklärerische Parabel auf die Ambivalenz des Wunderbaren und darauf, wie wenig der Mensch auf Grund seiner Unreife diesem Wunderbaren gewachsen scheint. Es kommt nicht von ungefähr, daß die Gremlins sich bei ihren Anschlägen mit Vorliebe der Technik bedienen - und es ist keineswegs zufällig, daß der Vater des jungen Helden ein phantasiereicher Erfinder von Küchengeräten ist, der aber zuletzt immer nur bösartige kleine Küchenmonster zustandebringt. Die Gremlins, das sind die Kobolde des technologischen Irrsinns.
Aber die Gremlins sind auch die verkörperte Nachtseite der modernen Profit- und Konsum-Gesellschaft. Wenn Dante in den virtuosen Puppentrick-Sequenzen seines komischen Kino-Infernos die Gremlins etwa in einer Bar in Szene setzt, wird unversehens erschreckend deutlich: diese egoistischen, häßlichen und gefräßigen Wesen sind keine bloßen Traumgestalten, sondern denkbar treffende und ätzende Travestien des (Un-)Menschlichen. Und wenn der Regisseur dann angesichts der grausigen Streiche der Gremlins frohe Weihnachtslieder erklingen läßt, so geschieht das keineswegs, um religiöse Gefühle zu verletzen - im Gegenteil: Es geht darum, Geldgier, Verlogenheit und Bosheit hinter einer mit Kitsch überschminkten und übertönten Weihnachts-Konsum-Seligkeit polemisch sichtbar werden zu lassen. Treffenderweise findet der Schlußkampf zwischen Held und Monster eben dort statt, wo sich schon Romeros "Zombies" besonders heimisch fühlten: in der Symbol-Hochburg des Profitdenkens, im Kaufhaus. Dante ist hier mit den griffigen Mitteln des Horror- und Schnulzen-Kinos eine hinterhältige Attacke auf die moderne Gesellschaft gelungen, bei der man sich zudem noch, wenn auch mit schlechtem Gewissen, köstlich amüsiert. Dieser Film ist eine krasse und subversive Mischung aus "Muppets-Show" und handfestem Terror-Kino, die dem erwachsenen Zuschauer neben bissiger Kurzweil auch einige Lehren zuteil werden läßt, Kindern jedoch allenfalls Verwirrung und Alpträume bescheren dürfte. Sie sind mit dem parodistischen und gesellschaftskritischen Hintersinn dieses hämisch verkehrten Weihnachtsmärchens entschieden überfordert.
