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Filmkritik
Selbst im Minions-Kosmos ist man nicht mehr vor ihnen sicher: Superhelden. Der vierte Teil der „Ich – Einfach unverbesserlich“-Reihe springt auf den längst schon wieder schwächelnden Boom auf: Gut tut ihm das nicht. Natürlich wird das Genre hier reichlich durch den Kakao gezogen, es ist kein affirmativer Zugang zur erfolgreichsten Filmgattung der vergangenen zwei Jahrzehnte. Es ist aber eben leider auch nicht so, dass die Minions-Macher zündende Funken aus diesem Aufeinandertreffen schlagen würden.
Überhaupt fehlt es dem neuesten Teil der ihrerseits äußerst erfolgreichen Animationsreihe an Witz und Originalität – ausgerechnet. Waren dies doch stets die herausragenden Qualitäten der irren Superschurken-Saga aus dem Hause Illumination. „Ich – Einfach unverbesserlich 4“ hingegen wirkt trotz durchaus gelungener, liebevoll gestalteter Sequenzen insgesamt ein bisschen so, als habe man ausrangierte Ideen aus dem Entstehungsprozess der vorherigen Teile nochmal rausgekramt und auf gut Glück zusammengerührt. Weshalb der Film in der Regie von Chris Renaud, der bereits mehrere Werke der Reihe in Szene setzte, auch mehr als (leicht überfüllte) Nummernrevue denn als kohärentes Ganzes funktioniert.
Gefährlicher Erzfeind als Kakerlake
Die – für einen 94-Minüter recht dünne – Kernstory ist schnell erzählt: Gru verhaftet im Auftrag der Anti-Verbrecher-Liga AVL seinen Erzfeind aus Jugendtagen, Maxime Le Mal. Der gefährliche Superschurke, der sich mit einer Kakerlakisierungs-Maschine selbst in eben jenes Insekt verwandelt hat, kann jedoch aus dem Gefängnis entkommen – weshalb Gru und seine um ein Baby erweiterte Familie untertauchen müssen. Sie landen in dem Bilderbuchstädtchen Mayflower, wo die ungewöhnliche Familie natürlich nicht so unauffällig agiert wie geplant und ihnen Grus Erzfeind bald auf die Spur kommt. Soweit der grobe Rahmen, in den noch zahlreiche Nebenstränge und Subplots gesteckt werden, die mal mehr, mal weniger gut funktionieren.
Eine dieser Nebenstorys dreht sich um die vorübergehend ins AVL-Hauptquartier ausgelagerten Minions, die mithilfe eines Serums in Superagenten verwandelt werden sollen. Fünf von ihnen machen bald als Superhelden-Verschnitte mit verschiedenen Fähigkeiten – Fliegen, superelastischer Körper, unbesiegbare Stärke, feuriger Laser-Blick und ein alles zermahlendes Mundwerk – im wahrsten Sinne des Wortes die Stadt unsicher.
Gru, mit beiger Hose und pinkem Poloshirt mehr schlecht als recht als Kleinstadt-Papi verkleidet, wird derweil von der versnobten Nachbarstochter erpresst: Hilft er ihr nicht bei einem schurkischen Coup, will sie seine falsche Identität enthüllen. Diese Poppy ist eine der erfreulichen neuen Ideen des Films: Eine zahnbespangte Teenager-Schurkin, die in ihrem Herzen natürlich weniger böse denn vor allem Fan ihrer Idole aus der berühmten „Schurkenschule“ ist. Die Szenen mit ihr gehören denn auch mit zu den stärksten des Films, schillern hier doch verschiedene Facetten auf – was bei den bereits bekannten und offensichtlich weitgehend auserzählten Figuren der Reihe schmerzlich fehlt.
Das Baby kann überzeugen
Für manch gelungenen Moment sorgt zudem der Baby-Neuzugang: Herrlich etwa, wenn dessen Blick von selig zu abweisend wechselt, je nachdem, ob gerade Mutter oder Vater ins Visier genommen werden. Überzeugend auch jene Szene, in der das von Maxime manipulierte Kind emotional zwischen diesem und Gru hin- und hergerissen ist. Allerdings kam ein (vielleicht) zum „Bösen“ verwandeltes Baby bereits bei „Die Unglaublichen 2“ vor. Überhaupt scheint Illumination größere Teile der Story um Gru und sein Baby beim Konkurrenten Pixar geklaut zu haben, sowohl in inhaltlicher als auch visueller Hinsicht: Die Geschichte vom Vater als überfordertem Babysitter, aber auch die phänotypische Ähnlichkeit zwischen Baby Jack-Jack und Baby Gru. Anderes ist klar als Zitat markiert, etwa die U-Bahn-Szene, in der der elastische Superhelden-Minion das unkontrolliert dahinrasende Fahrzeug natürlich nicht rettet: Ein Verweis auf „Die Unglaublichen 2“ beziehungsweise die entsprechende Ur-Szene aus „Spider-Man 2“ mit Tobey Maguire.
Ohnehin strotzt der Film nur so vor Verweisen, etwa mit bildnerischen Versatzstücken aus Agenten-, Sport- oder Gefängnisfilmen. Schön auch die vielen musikalischen Zitate, etwa der 1980er-Jahre-Hit „Karma Chameleon“ von Culture Club, der Gru und Maxime einst endgültig entzweite. Der von Heitor Pereira zusammengestellte Soundtrack überzeugt mit einer großen Bandbreite von neueren K-Pop-Songs von Blackpink oder BTS über Beiträge von Minions-Dauerbegleiter Pharrell Williams bis zu gut gealterten beziehungsweise neu zusammengestellten Hits wie „Cold Heart“.
Auch visuell sind die Figuren, Settings und die Bewegungen im Raum einmal mehr bestechend animiert. Herausragend sind etwa der Auftakt des Films, eine rasante Autofahrt durch nächtliche Bergwelten, sowie eine lange Kamerafahrt durchs AVL-Großraumbüro, das mit sich äußerst minionhaft benehmenden Minions bevölkert ist. Ebenso gelungen ist das Stimmen-Ensemble, auch hier hält das Sequel den hohen Standard seiner Vorgänger.
Wenn Exzentrisches auf Banales trifft
Schade, dass man das nicht ebenso über das Humor-Level sagen kann: Der ist hier allzu oft brachial statt anarchisch. Gut wird der Film immer dann, wenn Exzentrisches auf Banales trifft: Maxime füllt sein gigantisches Kakerlaken-Flugzeug an einer verstaubten Tankstelle im Nirgendwo auf und scheitert an einem Kartenlesegerät. Gru missbraucht die Utensilien aus der Wickeltasche als Einbruchswerkzeuge. Die frühverrenteten Superagenten-Minions gehen klischeehaften Ruhestand-Beschäftigungen nach. Am Ende schließlich tauchen alle Schurken aus der Minions-Historie noch einmal auf, sind in einer Gesangsnummer vereint: Ein Hinweis auf einen Abschluss der Filmreihe? Es wäre der über weite Strecken nicht weniger als genialen, in Teil 4 aber etwas mauen Story um Gru und seine Minions mittlerweile eher zu wünschen.