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Springsteen: Deliver Me from Nowhere

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Im Jahr 1982 arbeitet Bruce Springsteen – im Film verkörpert von Jeremy Allen White – an seinem wohl radikalsten Album: „Nebraska“. In einer Phase innerer Zerrissenheit, in der ihn der eigene Ruhm zunehmend zu erdrücken droht, entscheidet er sich bewusst gegen das Tonstudio. Stattdessen zieht er sich in die Abgeschiedenheit seines Schlafzimmers zurück. Dort entstehen keine mitreißenden Rockhymnen, sondern düstere, zerbrechliche Songs – Geschichten von Schuld, Verlorenheit und Gewalt, aufgenommen auf einem einfachen Vierspurgerät. SPRINGSTEEN: DELIVER ME FROM NOWHERE zeichnet ein intimes Porträt eines zerrissenen Künstlers, der mit inneren Dämonen ringt – und dabei unbeabsichtigt ein Meisterwerk der Musikgeschichte schafft.
  • Veröffentlichung23.10.2025
  • Scott Cooper
  • Vereinigte Staaten (2025)
  • 120 Minuten
  • DramaMusik
  • FSK 12
  • 7.7/10 (78) Stimmen
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71229 Leonberg (Württemberg)
Traumpalast Schorndorf
Rosenstraße 49-51
73614 Schorndorf (Württemberg)
Traumpalast Esslingen
Kollwitzstraße 1
73728 Esslingen
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Kinodrom Bocholt
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CICO Kaufbeuren
Daniel-Kohler-Straße 1
87600 Kaufbeuren
Traumpalast Waiblingen
Bahnhofstraße 50-52
71332 Waiblingen

„Ich weiß, wer Sie sind“, flüstert der Autoverkäufer dem damals noch nicht so bekannten Bruce Springsteen (Jeremy Allen White) zu. Der in sich gekehrte Rockmusiker mit Flanellhemd und abgewetzter Lederjacke murmelt darauf nur ungerührt: „Immerhin Sie.“ Wir schreiben das Jahr 1981 und Springsteen befindet sich in einer Identitätskrise. Schwarz-weiße Rückblenden zeigen den verschüchterten jungen Bruce, der von seinem Alkoholiker-Vater (Stephen Graham) drangsaliert wird. Als nächstes sehen wir den erwachsenen Musiker, wie er „Baby, we were born to run“ ins Mikro brüllt und damit sein junges, euphorisiertes Publikum zum Ausrasten bringt. Die Liedzeile ist programmatisch für Scott Coopers Film, denn während Springsteen sich über mangelnden Erfolg nicht beklagen konnte, war er gleichzeitig zu sehr damit beschäftigt, vor seinen inneren Dämonen davonzulaufen.

Die Ausgangssituation von „Springsteen: Deliver Me From Nowhere“ ist vielversprechend konzentriert. Statt sich an einer ganzen Karriere abzuarbeiten, widmet sich der Film lediglich einer kurzen Episode. Bevor Bruce Springsteen mit „Born in the U.S.A.“ seinen internationalen Durchbruch feierte, zog er sich in sein Schlafzimmer zurück, wo er das ungewohnt düstere Album „Nebraska“ einspielte. Eigentlich sollten die überwiegend akustischen, lediglich mit einem Vierspurtonbandgerät aufgenommenen Songs als Demos dienen, die erst im Studio mit der E Street Band ihre endgültige Form bekommen würden. Doch irgendwann beharrte Springsteen, sehr zum Leidwesen seiner Plattenfirma, auf der rauen und etwas sperrigen Intimität der Originalaufnahmen.

Aus „Er“ wird „Ich“

Die Eingebung für das Album und seinen Titelsong inszeniert Cooper mit einem Schlüsselmoment, in dem Bruce nachts Terrence Malicks Film „Badlands“ im Fernsehen sieht. Martin Sheen spielt darin einen verwegenen und charismatischen Außenseiter, der durch seine unkontrollierte Wut zum Serienmörder wird. Die Figur basiert auf dem realen Mörder Charles Starkweather, zu dem Springsteen in der Bibliothek recherchiert und in dem er eigene Abgründe erkennt. Die Erkenntnis, ein Album zu konzipieren, das entschieden persönlich ist, spitzt Cooper in einer Szene zu, in der Bruce jedes „Er“ im Songtext gegen ein „Ich“ austauscht.

Zum Teil erzählt „Deliver Me From Nowhere“ von der Entstehung eines Albums. Abgedroschene Biopic-Momente versucht der Film zu vermeiden, indem er genauer hinschaut; etwa auf die bescheidene Technik, mit der „Nebraska“ aufgenommen wurde, sowie auf die Versuche, im Studio nachträglich das Beste aus den ruppigen, von Echos und Verzerrungen gezeichneten Aufnahmen zu machen. Dass vermeintliche Fehler zur Besonderheit werden, betrifft dabei nicht nur die Musik, sondern auch ihren Schöpfer. Besonders gegen Ende lässt sich der Film dann doch gelegentlich zu etwas stereotypen Szenen hinreißen; etwa wenn immer wieder das große Wagnis des Projekts betont wird, während der Zuschauer sich des kommerziellen Erfolgs des Albums längst gewiss ist.

Springsteens Hadern mit sich selbst ergänzt Cooper durch zwei zentrale Figuren: die des Managers und Produzenten Jon Landau (Jeremy Strong), der stets bemüht verständnisvoll bleibt, während er angestrengt seine Stirn massiert, sowie die der alleinerziehenden Kellnerin Faye (Odessa Young), die Springsteens brüchiges Ego reparieren will, von ihm aber letztlich nicht nah genug rangelassen wird. Beide Beziehungen bleiben etwas blass, aber es ist nun mal auch ein Film, in dem der Protagonist mit sich selbst ins Reine kommen muss.

Die Dunkelheit in Springsteens Herz

Jeremy Allen White schafft es vor allem bei den energetischen Live-Auftritten, die Manierismen Springsteens zu einer lebendigen Darbietung zu verdichten. Auch das Charisma und die Melancholie transportiert er überzeugend, gerät aber durch einen entscheidenden Makel des Films auch immer wieder an seine Grenzen. Die Dunkelheit ins Springsteens Herz will „Deliver Me From Nowhere“ erforschen, scheitert jedoch daran, die Qualen seines Protagonisten ausreichend vermitteln zu können. Die etwas zu pittoresken Rückblenden kratzen nur oberflächlich am Trauma, die Handlung bleibt recht spannungsarm und der erwachsene Bruce trägt sein Leid meist stumm mit sich selbst aus.

Selbst die „Nebraska“-Songs setzt Cooper eher spärlich ein. Stattdessen baut er auf die therapeutische Wirkung des Albums, die in einer sentimentalen Versöhnung mit dem Vater gipfelt. Und doch vermittelt der Film immer wieder etwas von der einsamen und düsteren Stimmung von „Nebraska“, die von kurzen tröstenden Momenten gelindert wird. Einmal teilen Bruce und sein Manager einen zärtlichen stummen Augenblick, während sie gemeinsam eine alte Soul-Platte hören. Von der Kraft der Musik, die sich in dieser Szene Bahn bricht, hätte man in „Deliver Me From Nowhere“ gerne mehr gesehen.

Veröffentlicht auf filmdienst.deSpringsteen: Deliver Me from NowhereVon: Michael Kienzl (23.10.2025)
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