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Filmkritik
„Hassen Sie sich eigentlich gegenseitig im Ring?“, wird der Mixed Martial-Arts-Sportler Mark Kerr (Dwayne Johnson) im Behandlungszimmer seines Hausarztes gefragt. Die ältere Dame, die ihm gegenübersitzt, hat wohl schon mal von seinem Sport gehört, kann sich aber keinen rechten Reim darauf machen. MMA (Mixed Martial Arts) in der UFC (Ultimate Fighting Championship)-Organisation? Das sind doch diese „Prügeleien“, die sie gerade verbieten wollen? In den USA ist Kerrs Sport in den späten 1990er-Jahren nicht gut angesehen. „Wenn jemand in den Ring steigt, um mir Schmerzen zuzufügen, muss ich es eben schneller tun“, sagt Kerr einmal an anderer Stelle. Der bullige Zweimeter-Hüne wird für „seinen“ Sport das werden, was Muhammad Ali im Boxen war: eine Ikone. Aber bis dahin ist es eine lange Geschichte. „The Smashing Machine“ will sie erzählen.
Nicht seine Brutalität oder Aggressivität werden zu Kerrs Markenzeichen, sondern seine Besonnenheit und seine Sanftmut. Als er später im Wartezimmer dem Enkel der älteren Dame ein Autogramm gibt, merkt er lapidar an: „Aber keine Prügeleien!“ Es ist schwer, die Motivation eines Menschen zu verstehen, der einerseits in den Ring steigt, um sich und anderen Schmerzen zuzufügen, andererseits aber ein ganz ruhiger Zeitgenosse ist. „The Smashing Machine“ bietet für diesen Widerspruch durchaus Erklärungsansätze an. Diese aber erschöpfen sich in den bekannten Selbstfindungs-Plattitüden. Es wirkt gekünstelt oder pathetisch, wenn Menschen mit geschwollenen Gesichtern dafür nach Erklärungen suchen. Vielleicht muss man es einfach hinnehmen, dass sich der Widerspruch nur für den auflöst, der selbst in den Ring steigt und sich bis aufs Blut prügelt, um nach dem letzten Gong seinem Gegner voller Bewunderung in die Arme zu fallen – so er noch bei Bewusstsein ist.
Gekämpft wird erstaunlich wenig
„The Smashing Machine“ ist kein reiner Sportfilm. Immer dann, wenn es nur ums Training, das Schinden und das „dem normalen Leben Entsagen“ geht, wird es schnell langweilig. Generell wird in dem biografischen Film von Benny Safdie erstaunlich wenig gekämpft. Auch wenn es mitunter sehr blutig und scheinbar ungemein brutal zugeht. Auch in Filmen wie „Rocky“ oder „Wie ein wilder Stier“, in deren Tradition sich „The Smashing Machine“ versteht, gibt es viel von dem zu sehen, was vom Sport als dem eigentlichen Sujet ablenkt. Es gehört zu den ungeklärten Rätseln des Sportfilms, dass der Sport eigentlich eher wie ein Fremdkörper behandelt wird. So steht auch in „The Smashing Machine“ über den 1968 in Toledo, Ohio, geborenen Mark Kerr das Leben außerhalb des Rings im Mittelpunkt.
Trotz der beachtlichen Filmlänge von zwei Stunden strukturiert Benny Safdie den Film nicht wie eine „Das war sein Leben“-Geschichte. Der Regisseur, der in „Good Time“ (2017) und „Der schwarze Diamant“ (2019) – dort jeweils gemeinsam mit seinem Bruder Joshua Safdie – sehr ambitioniert und gegen konventionelle Sehgewohnheiten erzählte, wirft in „The Smashing Machine“ einen eher spröden, schlaglichtartigen Blick auf den Protagonisten. Hier etwas Training mit seinem Freund und Mentor Bas Rutten (eindrücklich gespielt vom niederländischen Kämpfer persönlich). Dort ein wenig Kämpfen und Abhängen mit seinem besten Kumpel und Konkurrenten im Ring Mark Coleman (Ryan Bader). Zudem gibt es Reisen nach Japan, wo „das Geschäft“ im Ring lange Jahre besser florierte als in den USA. Vor allem aber: Hitzige „Szenen einer Ehe“ mit seiner Freundin Dawn Staples (Emily Blunt). Die persönlichen Auseinandersetzungen des Paares sind das eigentliche Zentrum von „The Smashing Machine“, um das die ganze Handlung kreist.
Sie lieben sich nun mal
An dieser Beziehung ist schon der titelgleiche Dokumentarfilm von John Hyams gescheitert, der die Bindung zwischen Kerr und Coleman ebenfalls nicht begreiflich machen konnte. So sehr sie sich auch ankeifen und einander missverstehen, lieben sie sich dennoch. Im Dokumentarfilm erscheint Staples als jähzornige Säuferin noch krasser als im Spielfilm, wo man sie allenfalls mit Freundinnen trinken gehen sieht. Vielleicht hat Safdie erkannt, dass man in der Fiktion mitunter etwas zurückhaltender agieren muss, wenn man nicht unglaubwürdig werden will. Der Beziehungskampf zwischen dem sanften Brocken und der giftigen Gazelle wirkt hier eigentümlich harmonisch.
„The Smashing Machine“ verliert sich deshalb auch nicht in Stereotypen, die man bei diesem Sujet vielleicht erwarten würde. Obwohl es zerbrochene Türen im Heim des Paares gibt, ist häusliche Gewalt kein Thema. Auch wenn es um die typische Erfolgsgeschichte eines Underdogs geht, wird es nie so pathetisch wie bei Sylvester Stallone, der mit Rinderhälften boxt, um unbesiegbar zu werden. Auch in „The Smashing Machine“ finden sich zeitraffende Trainingssequenzen, die aber nicht mit glorioser Heldenmusik, sondern mit einer fast nachdenklich-introvertierten Live-Version des Evergreens „My Way“ unterlegt sind. Beim sportlichen Höhepunkt des Films müssen dann zwar die beiden Freunde Mark Kerr und Mark Coleman in einem mit einem hohen Preisgeld dotierten Kampf doch gegeneinander antreten. Das wirkt zwar kitschig, entspricht aber der wahren Geschichte, die Safdie erstaunlich dicht entlang des Dokumentarfilms von John Hyams erzählt. Selbst die Szene im Behandlungszimmer des Hausarztes ist fast exakt so in der Dokumentation zu sehen, weshalb Hyams im Spielfilm eigentlich ein Drehbuch-Credit oder zumindest ein Dankessatz zugestanden hätte.
Entzauberung von Vorurteilen
Die Regie- und Drehbuchleistung von Benny Safdie liegt allerdings weniger in der Geschichte als in der Entzauberung von Vorurteilen gegenüber einem „Monster“, das einen monströsen Sport praktiziert und dabei weniger weint als zuhause oder im Krankenhaus nach einem der vielen Drogenzusammenbrüche. Dass bei all dem der muskulöse Dwayne Johnson eine gute Figur macht, hätte man ihm gar nicht zugetraut. Wieder so ein Vorurteil.






