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Filmkritik
New York, ganz eindeutig. Dort, wo sich hippe Anwälte in noblen Karossen durch die Häuserschluchten zum nächsten Gerichtstermin schlängeln, den sie souverän und mit einem pointierten Spruch auf den Lippen für sich entscheiden. Jakob Lohmann (Edin Hasanovic) ist gerade dabei, durchzustarten. Doch die Häuserschluchten, in denen der Anwalt im Vorspann von „Trauzeugen“ im Stau steht, sind die von Frankfurt/Main, und im Prozess geht es nicht um Millionen Dollar, sondern mal wieder „nur“ um eine Scheidung. Aber Jakob ist gut in dem, was er macht. Zudem sichert ihm sein mit einer Prise Rücksichtslosigkeit gepaarter Ehrgeiz ausgerechnet seine Chefin (Iris Berben), die sich von ihrer Ehefrau Juliette (Sinha Melina Gierke) trennen will.
Der Film von Lena May Graf und Finn Christoph Stroeks ist noch nicht richtig gestartet, da ist bereits der erste Protagonist eingeführt. Nicht allein ist Jakob Lohmann die Hauptfigur, sondern auch der Sympathieträger. Das ist ein wenig befremdlich, da Anwälte generell und Scheidungsanwälte im Speziellen nicht gerade zu den gewinnendsten Persönlichkeiten zählen. Während Jakob Lohmann also gleich die ganze Bühne gehört, werden seine drei Mitstreiter eher beiläufig in die romantische Komödie eingeführt.
Da ist Tobi (László Branko Breiding), der seinen besten Freund Jakob schon zwanzig Jahre kennt und weiß, dass der Workaholic eigentlich nie Zeit hat. Nichtsdestotrotz hat Tobi ihn als Trauzeuge ausersehen – und zugleich von allen Verpflichtungen befreit. Was keine gute Idee ist. Ruth (Cristina do Rego), die hochschwangere Braut, hat dem nur deshalb zugestimmt, weil Tobi Jakobs Arbeit macht und ihre Trauzeugin Marie (Almila Bagriacik) die beste Hochzeitsvorbereiterin der Welt ist. Ruth ist weniger als ein klassischer Sidekick; sie ist da, aber das Drehbuch interessiert sich nicht für sie. Auch Marie kommt erst nach einer Weile ins Spiel. Dabei soll sie es doch sein, die dem Film Tempo und Dramatik verleiht.
Ein gebrochener Knöchel
In romantischen Komödien kommt meist alles anders, weil es um ein Paar geht, das gerade nicht zusammenkommen kann oder will. Und so bricht sich der absurd ungesicherte Tobi beim Klettern mit Jakob den Knöchel, weshalb Jakob die letzten zehn Tage vor der Hochzeit das Fest organisieren muss. Jakob und Marie: das passt wie Feuer und Wasser. Denn sie ist die treusorgendste Paartherapeutin von Frankfurt und daher der natürliche Feind eines jeden Scheidungsanwalts.
Die Story ist damit in Gang gesetzt, das Ehepaar in spe hat bis auf ein paar Kurzauftritte seine Schuldigkeit getan, weshalb es fortan darum gehen kann, wie die Hochzeitsvorbereitungen desaströs scheitern, während sich die neckenden Trauzeugen ineinander verlieben.
So jedenfalls sähen es die Standards einer „romantischen Komödie“ vor. Doch das Drehbuch wird von den falschen Schauspielern zum Leben erweckt. Edin Hasanović ist in „Trauzeugen“ alles andere als ein karrieregeiler Winkeladvokat, der sich erst langsam zum Sympathieträger entwickelt. Er ist kein Unsympath wie einst Jack Nicholson, dem man am Ende von „Besser geht’s nicht“ wundersam und widerwillig doch ins Herz schließt. Er ist als Jakob Lohmann ein „Knuddel“ von der ersten bis zur letzten Minute, dem man den Zynismus des Intros keine Sekunde abnimmt. Almila Bagriacik ist im Gegenzug als Marie nicht ansatzweise zur Einfühlung fähig, sondern eher ein Trampeltier mit Hang zu Pedanterie; sie hat mehr Spitzen im kleinen Finger als ihr Gegenüber im ganzen Scheidungsrecht.
Im feuerroten Flamenco-Kleid
Beim Höhepunkt des Films, als sich Jakob und Maria beim Hochzeitstanz wild-hassend aufeinander schmeißen und ihre „gloriose“ Zukunft besiegeln, wird klar, dass Marie (im feuerroten Flamenco-Kleid) eigentlich die toughe Scheidungsanwältin sein müsste und Jakob der Eheversteher. Aber da ist „Trauzeugen“ nicht mehr zu retten.
Dazu kommen, eher nervend als amüsierend, (kleine) Ungereimtheiten, etwa die als „gespielter Witz“ misslungene Aktion in der Kletterhalle oder die groteske Tatsache, dass den Trauzeugen als Ersatzlocation für eine geplatzte Schloss-Idee acht Tage vor der Hochzeit ausgerechnet eine unrenovierte Scheune im sechseinhalb Autostunden entfernten Frankfurt (Oder) einfällt.
Das kann nicht klappen, klappt aber dennoch, weil es im Drehbuch steht. Nein, Frankfurt/Main ist nicht New York. Und „Trauzeugen“ ist auch nicht „Die Hochzeit meines besten Freundes“, sondern nur eine dieser romantischen Komödien, in denen sich gute Darsteller für das im Drehbuch befohlene Happy End verbiegen.