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Filmkritik
Wer schon ganz und gar in Vorgeschichte und Verwicklungen von „Woodwalkers“ zuhause ist – also vermutlich mindestens 50 Prozent der angepeilten Zielgruppe zwischen 10 und 14 Jahren, die nämlich die Romanreihe von Katja Brandis in- und auswendig kennen –, wird in den ersten fünfzehn Minuten des ersten von mehreren Filmen (drei sind bereits fix geplant) keine Orientierungsschwierigkeiten bekommen.
Alle anderen, die meisten Eltern vermutlich inklusive, sollten genau aufpassen, damit sie einigermaßen mitkommen. Denn hier wird nicht viel erklärt, sondern expositorische Druckbetankung oder besser: Kraftmittelfütterung durchgeführt: Es gibt Gestaltwandler:innen, die (meist) selbstbestimmt zwischen Menschenform und Tier wechseln können; sie haben eine eigene High School und nehmen ihre Animositäten zwischen Raub- und Beutetieren mit ins menschliche Dasein.
Aus irgendwelchen Gründen sind Puma-Woodwalkers besonders selten, und deshalb macht Carags Ankunft an der Clearwater High einiges her. Der Jugendliche (Emile Chérif) hat seine Tier-Familie verlassen und eine Pflegefamilie (Hannah Herzsprung und Lucas Gregorowicz als Eltern) hat sich seiner angenommen. Aber so richtig wohl fühlt er sich unter reinen Menschen nicht, zumal er seine Tiernatur nicht sicher in den Griff bekommt.
Mathe, Verwandlung, Kampf
An dieser Schule, versichert ihm die Direktorin Lissa Clearwater (Martina Gedeck) in einem Gespräch unter vier Augen, werde das alles anders, denn hier sind alle, Lehrkräfte wie Schüler:innen, Woodwalkers. Hier kann er lernen, seine Doppelnatur zu verstehen und zu leben. Es ist, natürlich, ein Internat; anders als an anderen „magischen“ oder besonderen Schulen im Film wird hier tatsächlich auch Mathe unterrichtet, aber eben auch ein Fach wie „Verhalten in besonderen Fällen“. Und natürlich Verwandlung (da knallt die CGI sehr schön) und Kampf (unblutig – außer beim heimlichen Mitternachtsduell).
Die Konflikte lassen in dem Film nicht lange auf sich warten. Das Wolfsrudel kommt mit dem „kätzischen“ Carag nicht gut zurecht und macht sich auch darüber lustig, dass dieser sich mit Beutetieren abgibt, etwa Hörnchen Holly (Lilli Falk), Bison Brandon (Johan von Ehrlich) und Wapiti-Hirschkuh Lou (Sophie Lelenta). Letztere wird schon vorsichtig als „Love Interest“ aufgebaut, das jugendliche Publikum weiß Bescheid.
Und dann ist da noch der suspekte Wohltäter-Millionär Andrew Milling (Oliver Masucci), ebenfalls ein Puma, der Carag als Mentor unter seine Fittiche nimmt und dabei sehr offensichtlich auch sehr eigene Motive verfolgt. Mit seinem Elektroauto wirkt er ein wenig wie ein Elon-Musk-Verschnitt – aber dafür wirken seine Intrigen und Ideen für disruptiven Widerstand gegen die zerstörerischen Menschen doch seltsam kleinbürgerlich und unambitioniert.
Denn im großen Ganzen will sich nichts so recht zusammenfügen bei „Woodwalkers“. Gewiss, die Freundschaften zwischen den Schüler:innen sind überzeugend, die Dynamik und Spannungen funktionieren da: Als Ensemble-Film mit vielen Hintergrundfiguren hat der Film von Damian John Harper auch seine Stärken – und bringt natürlich auch das Versprechen mit, dass viel jetzt noch Unerzähltes in den nächsten Jahren noch auf die Leinwand kommen soll.
Es rumpelt zwischen den Lippen
Aber das im ersten Teil Erzählte kommt manchmal nur mühsam um die Ecke. Selbst Martina Gedeck, der es nun wahrlich nicht an Talent und Können mangelt, muss sich mit den ihr in den Mund gelegten, ungelenken Sätzen, mit denen sie das Leben an der Schule erläutern soll, schon sehr abmühen. Da hätte das Drehbuch von David Sandreuter noch einiges an Feinarbeit vertragen können, so sehr rumpelt es zwischen Gedecks Lippen.
Wichtige Fragen über die Dynamik zwischen den Jugendlichen bleiben auch unbeantwortet: Wie ist das mit kätzischen und hündischen Gestaltwandlern? Wie steht es um das Verhältnis von Raubtier und Beute? Spätestens bei der Frage, ob Carag als Puma einen Hirsch jagen und erlegen darf, wenn er doch in der Schule mit Lou befreundet sein will, wird das wichtig – aber der Film tippt das nur einmal kurz an und lässt das Thema dann erst einmal links liegen.
Da hat man dann auch schon vergessen – was womöglich nur Menschen interessiert, denen die Bücher egal sind –, dass Tirol wirklich nicht wie Wyoming aussieht und die Alpen einfach nicht die weiten Höhen der USA darstellen können. Aber eine große Rolle spielt das wohl ohnehin nicht.